Donnerstag, 2. Dezember 2021

Im Büro von Covid 19

Im Büro vor Covid 19

 

Man kann schon sagen, ich war ein recht unbedeutender Mitarbeiter mit recht viel Verantwortung und einem unanständigen Gehalt in einem Unzurechnungs-Unternehmen. Ich war z.B. für die regelmäßige Ölung und Wartung der Erdachse zuständig, was nie richtig funktionierte, aber auch in Wirklichkeit kaum einen interessierte, schon gar nicht meine Vorgesetzten. Ich war ein Einzelfall mit Zweifeln, der nie live mitbekam, was wirklich lief. Kaum war ich im Büro-Flur unterwegs, schlossen sich alle Türen und die Schilder „Bitte nicht zerstören“ wurden rausgehängt. Ich hatte den Eindruck gewissermaßen allenfalls eine Medium–Beliebtheit zu genießen. Warum wusste ich nicht, ich hatte Niemandem etwas getan – was aber auch schon ein guter Grund sein konnte, bei genauerer Reflexion von Firmensoziologien.

 

Lief einem eine äußerst angezogene Mitarbeiterin mit zerzausten Haaren und links verdrehter Bluse entgegen, bekam man einen bösen Blick in die Gesichtsmatratze gepfeffert. Ich sollte auf jeden Fall den Eindruck bekommen, dass sie sich extra so lebendig daheim gestylt hätte um ausgesprochen modern und fortschrittlich und dazu unkonventionell zu wirken. Die gleiche Person am nächsten Tag im Strickpulli? Logisch! 

 

Auch bildete ich mir sicher nur ein, dass Schaumgummilippen aufeinander schmatzten und durch die Türritzen Ausdünstungen von Menschen kamen, die nicht still am Schreibtisch saßen, um zu arbeiten. Ich war überzeugt davon, dass es besonders hinter meinem nicht gestärkten Rücken Frühstückspartys gab, bei denen alkoholfreier Sekt konsumiert wurde und sich Menschen und ProkuristInnen in Croissantkrümeln wälzten. Mal sah ich, wie hinter einer versehentlich offenen Tür Anzugjacken flugs über Fleisch-Blitzer geworfen wurden und irgendein riesiges sächliches Stück befreiter Körper vor mir floh und ein herausschießender Sektkorken mich knapp verfehlte, jedoch eine ebenso Orgien-Fremde Kollegin so traf, dass ihre Brille zerstört wurde. Sie und ich ignorierten den Vorfall aus irgendwelchen Gründen der Vernunft.

 

Dann kam Covid 19.

 

Nun ist das alles jetzt schon so lange her, dass meine Erinnerungen evtl. nicht die Präzisesten sind.

 

2. Dezember 2021