Ihre
Jugendnaturlocke hängt an der Wand neben dem selbst reparierten Schrankscharnier
in diesem männerfreien Haushalt. In ihrem ersten Bündel für die Zukunft auf dem
hart gewordenen weichen Arm finden sich diese Locken nicht wieder. Kein Grund
ohne Lächeln das Stadtbild zu bereichern. Sie hat Narben auf dem Rücken. Sie
sollte mal das Fliegen lernen. Aber diese Zeiten streift sie ab mit einem
zerrissenen Kussmund für ihr bereits Geborenes. Ein Junge.
Das
Mädchen ist unterwegs. Schwangerschaftsgymnastik in einer alten angemieteten
Turnhalle mit lackiertem Fichtenholz. Fenster bis zum Boden. Herren schauen zu
und rauchen einhändig. Die andere Hand in der löchrigen Hosentasche zu der den
Kerlen eine hübsche Näherin fehlt. Einer der Männer spricht sie an und
behauptet, dass er von Babyhautpflege etwas verstünde. Einölen, mehlieren,
Panade. Außerdem habe sie einen sehr schönen Bauch für ihr Alter.
Was
es nicht alles gibt. Sie hat Verständnis für die Sehnsüchte der Menschen,
möchte aber nicht mehr im Zentrum dieser Obsessionsgewalten stehen. Das mit dem
zweiten Kind war jetzt ungünstig. Ihr Vater fragt, ob es denn künftig auch für
das versehentlich abgelegte Mädchen versteckte Ostereier geben soll. Sie bleibt
dabei, dass ungleich verteilte Liebe das Leben und ihre Menschen traurig macht.
Die
Menschen sind so brutal, wenn sie nicht nachdenken. Aber ständig muss man ihnen
verzeihen. Überall die gleichen Fratzen. Der schon geborene Knabe macht diese
Fratzen nach. Manchmal hat sie Angst, er wäre selbst eine Fratze. Ihr Kind eine
Fratze? Das wäre nicht auszudenken, aber auszuhalten wie letztlich alles.
Bekannt kommen ihr nur die Gesichter ihrer ehemaligen Mädchengruppe vor, die
eisern zusammengehalten hat und sich nun zur Frauengruppe emanzipierte. Für
andere Menschen fehlt ihr die Zeit. Besonders für diese anderen Mütter.
Drei
Kinderwagen, dahinter drei Beckengruppen in der überfüllten S-Bahn, während sie
ihr Bündel mit einem Safran farbigen Tragetuch in der „Anhock – Spreiz“ Haltung
rund hält. Sie erwischt sich dabei, wie sie andere raumgreifende
Muttergestalten erschreckend findet. Aber ihre eigene Außenwirkung kennt sie
nicht.
Eine
dieser Frauen lächelt sie an mit einem undefinierbaren Grinsemündchen, schiefen
Zähnen, einer sehr hübschen Stubsnase und großzügig einladender Stirn.
„Frohe
Ostern?“
Sie
streicht über ihr Tragetuch und nickt: „Wahrscheinlich schon!“