Sonntag, 31. März 2024

Handlungsreisender über die Ostertage

Handlungsreisender über die Ostertage

 

Mein Name ist im Bereich des Schall und Rauch angesiedelt und wird nur bei behördlichen Kontrollen genannt. Ich bin Handlungsreisender in Sachen Alles und Grenzwertigkeiten. Eigentlich bin ich Produktvertreter, aber ich liebe es mich in einen literarischen Kontext zu installieren für den Wohlfühlfaktor meiner gebildeten und wohlhabenden KundInnen. Zu dieser Zeit gehen besonders Eier, Rührstäbe und praktische Frisur-Hilfen fürs alltägliche Hoppeln. Trage auch sowas hinter meinem jeweils linken und rechten Löffel. Mein österreichischer Kollege Max Lambrecht findet mich so jetset-mäßiger. Aber Kamerad Schnürpfoterl ist eh nur für Smalltalk zu haben.

 

In diesen norddeutschen Hotels schmeckt der Kaffee immer nach Meerwasser. Salzig wie die Gurken aus Rom oder Moskau. Die letzte Nacht vor der großen Auslieferung, noch das Gefühl der großen Zehe einer Gespielin in meinem Mund. Lackierte, gepflegte Füße, biologisch abbaubarer Lack – alles in Ordnung. Sie trägt ein Nasenpiercing mit dem Yin-Yang Symbol, was ich sehr sympathisch finde und auf dem Rücken ein Tattoo mit den Gesichtern von Amy Winehouse und Che. Junge Leute halt. Im Schulterbereich besitzt sie sehr weiches Fell, dass trifft man heutzutage ausgesprochen selten. Meistens haben die Damen ja da ein Muster rasiert, welches Stall und ZüchterIn verrät. Ich meine sie ist halb Französin und halb Rheinland-Pfalz.

 

Es ist soweit. Der große Tag: Ostersonntag. Dominca ressurrectionis. Einen kurzen Weg muss ich mit Bambusrucksack und Geschäftstrolley mit einem Land-Bus zurück legen. Furchtbar die Arbeit hier zwischen Nordsee und Baltic. Ich steige ein und muss noch mit Münzgeld bei einem stummen, drögen und grauen Fahrer meine Fahrkarte erwerben. Unwahrscheinlich rückschrittliche Gegend. Digital am Arsch. Das Hotel hat keine Matratzen mit zwei Härtestufen. Ein Skandal! Der Bus ist leer, nur so ziemlich in der Mitte auf unschönen Plastikschalen aus Fieber, sitzt eine rundlich rosige Bauersfrau mit einem frischen Gemüsekorb.

 

„Wenn de nu vörn hart bremsen deit,“, spricht sie in schnoddrigem Platt, „denn gifft dat Rührei!“. Was für eine blöde Kuh und ich zeige ihr in meiner Phantasie eine beleidigende Hasenpfote.

 

Frohe Ostern!

 

31. März 2023