Die köstliche Erregung
Die köstliche Erregung wie rosa Schaumwein auf einer leichten Bluse im lauen Sommerwind. Wie, wenn ein Gender-getriggerter Handwerker auf die Vergangenheit seiner ihm nicht bekannten Vorfahren verweist. Wie, wenn ein falschparkender SUV – Pilot auf rote aggressive Radwege in seiner gefühlten Wagenkabinennähe mahnend deutet.
Das Trikot – oh das Trikot – das schön hässliche Trikot. Es hat Farbe. Der traditionell homophobe Dieter erklärt sich damit, dass er wegen seines Vornamens traditionell gehänselt wurde, weil seine MitschülerInnen noch Hans hießen, bzw. John, er hatte einen Engländer als Mitschüler. Ein toller Bursche dieser John, welchen alle Mädchen verehrten, ob dem ungelenk britischen Quatsch, den er so geschickt von sich gab und den kein Mensch eigentlich verstand. Dann noch Vlad der Pfähler VII, auch ein Mitschüler Dieters. Provokant schon damals sein Verhalten, nämlich Veganer. Nie wieder wurden so viele Blutorangen in einem SchülerInnen – Tornister gesichtet.
Und jetzt dieses Trikot. Ein Trikot dieser Mannschaft ist (so las ich) schwarzweiß. Das ist ja auch logisch. Die Fernsehübertragungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts waren nicht in Farbe. Das hatte übrigens rein ästhetische Gründe. Es gab keine Rosetten auf dem Arm, man spielte ungeimpft. Und die StürmerInnen waren auch nicht am Hals tätowiert. Es gab auch keine Patchworkfamilien und somit auch keine Helikoptereltern mit Drohnenführerschein.
Und jetzt dieses Trikot. Schweinchen Dick hat man gerne geguckt, wenn einen die Mutter aus der „Hölle Spielplatz“ wieder rein rief. Es gab Erdbeermilch. Pinke Erdbeermilch – lecker. Aber das Trikot der Deutschen war schwarz rot gold (angeblich), eigentlich war es ja … äh wie war es eigentlich? Jedenfalls war es nicht rosa, weil verboten. Dieter fand Verbote immer schon gut, weil sonst alles aus den Angeln lief und schließlich war man in Deutschland und nicht in Angelsachsen. Nun war es damals ja auch nicht üblich Trikots überall zu tragen, mit Namen drauf. Verbote machten also für Dieter immer Sinn, wenn sie nicht von den Grünen oder den Engländern kamen.
Man hatte auch keine Girlanden in Landesfarben an der Supermarktkasse um den schlanken weißen Schamanenhals hängen. Es war irgendwie Schwarzweiß, selbst das Kotelett mit Kartoffeln und auch dies natürlich nur aus ästhetischen Gründen. Man aß nur aus dem eigenen Teller und durfte die Hände in modernen Haushalten nur zur Onanie benutzen, wenn man sich heimlich von irgendwelchen Exoten (die man natürlich niemals ansprach) köstlich erregt fühlte. Hände zur Nahrungsaufnahme benutzten nur Menschen aus anderen Gegenden, die bewusst auf Hygienevorschriften verzichteten und kaum Zugriff auf öffentliche Toiletten hatten.
In Dieters Welt war alles ordentlich. Reinheitsgebot, die Nachbarin, die sich immer mal den Salzstreuer auslieh (Zwinker) und das schwarzweiß schwarz rot goldene Trikot von deutschen Fußballspielern, die davon lebten, dass sie Gebrauchtwagen verkauften und alles ordentlich versteuerten.
Neulich las Dieter, dass das Nationaltrikot der Brasilianer bis zur Marcanaco 1950 weiß war und man nach der Schmach gegen Uruguay auf gelb wechselte. Dieter konnte Nächte lang nicht schlafen. Dann setzte er sich an seinen Laptop, ließ noch ein paar sexistische Posts auf diversen sozialen NetzwerkerInnen los und bestellte sich dieses ekelhafte Trikot. Er wollte ja nichtsdestotrotz ein moderner Ewiggestriger sein. Doch Mist: ausverkauft!
22. Juni 2024